Reanimation – jeder kann helfen!

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Édition
2017/0102
DOI:
https://doi.org/10.4414/bms.2017.05204
Bull Med Suisses. 2017;98(0102):20–21

Affiliations
Dr. med., Präsident Swiss Resuscitation Council SRC, Mitglied FMH

Publié le 10.01.2017

Aufgrund einer durch das Europäische Parlament im Juni 2012 verabschiedeten ­Resolution soll jeweils am 16. Oktober der Bevölkerung die Problematik des plötz­lichen Herzstillstands ins Bewusstsein gerufen werden (European Cardiac Arrest Awareness Day). Daraus entstand die entsprechende Kampagne «Restart a Heart Day». Diese soll das Bewusstsein in der Bevölkerung über die Bedeutung der spontanen und sofortigen Hilfe im Falle eines plötzlichen Herzstillstands verstärken.
Die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Richtlinien ermöglichen es schon über längere Zeit, die prognostischen Faktoren für eine erhöhte Über­lebenschance zu identifizieren, die schlussendlich von einem klar definierten Ablauf, von präzisen und schnell hintereinander durchzuführenden Massnahmen, abhängig ist.
Der möglicherweise trotzdem ausbleibende Erfolg nach Reanimationen beruht auf der teils mangelnden Koordination der therapeutischen Massnahmen, welche einzeln von jedermann leicht zu erlernen und ­anzuwenden sind. Dies hat die Experten aufgefordert, sich auf die Analyse und ständige Verbesserung des «Reanimationssystems» zu konzentrieren, welches den Schwerpunkt der einzelnen Glieder der Kette auf ein umfassenderes und globaleres Konzept setzt.
«It takes a system to save a life» ist das Leitmotiv der seit 2013 von Seattle [1] übernommenen European Resuscitation Academy (), welche darauf abzielt, Interessensträger und Akteure in Kompetenzzentren zu versammeln und während zwei ­Tagen mit ihnen die zehn Komponenten eines effizienten Reanimationssystems zu vertiefen und analysieren.
Das Reanimationssystem in der Schweiz gehört – dank der wichtigen Pionierarbeit des Kantons Tessin – zu den Systemen, die als äusserst effizient anerkannt sind. Dieses System dient auch als Beispiel für jene, die nach Lösungen suchen, um die Ergebnisse zu verbessern.
Die zehn Schritte, die einem Reanimationssystem Erfolg ermöglichen, sind äusserst nützlich sowohl in der Planungsphase wie auch bei der Konsolidierung und Verbesserung der erbrachten Leistungen.
Einige Schritte sind leichter zu implementieren, während andere grössere organisatorische Investitionen erfordern.

Aktionsplan 1: Leichte Implementierung möglich

1. Erstellen eines Reanimationsregisters
2. Einführen der systematischen Telefon-Reanimation (T-CPR) durch die Notrufzentrale 144 (SNZ 144)
3. Einführen der hochwertigen Reanimation (High Performance CPR) im Rettungsdienst
4. Einführen der schnellen Disposition durch die SNZ 144 (Rapid Dispatch)

Aktionsplan 2: Grössere organisatorische Investitionen notwendig

1. Einführen der systematischen Datenauslese und -analyse nach Reanimation
2. Einbezug anderer Blaulichtorganisationen
3. Einführen eines Frühdefibrillationsprogramms
4. Finanzielle Unterstützung für (Weiter-)Bildung und Qualitätskontrolle
5. Einführen eines gezielten Managements der Körpertemperatur in der Post-Reanimationsphase
6. Einführen der Best-Practice-Kultur
Der Schweizerische Rat für Wiederbelebung (Swiss ­Resuscitation Council SRC) fördert auf nationaler Ebene all jene Massnahmen, welche die Prognose nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand verbessern können. Insbesondere ist der SRC am Projekt des Schweizerischen Präklinischen Herz-Kreislauf-Stillstand-Registers (SwissReCa des Interverbandes für Rettungswesen IVR) beteiligt. Dieses Register wird ein Meilenstein in der qualitativen Analyse der bei Patienten im Herzstillstand angewendeten Massnahmen werden!
Ein weiteres Element zum Erfolg ist der Kulturwandel in der Bevölkerung. Die Wiederbelebungsmassnahmen müssen schon in der Grundschule einbezogen werden. Dies hat auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als wichtige Massnahme aufgenommen und 2015 die Initiative «Kids save lives» [2] anerkannt. In diesem Jahr hat zudem der European Resuscitation Council (ERC) ein Dokument publiziert, das die Wichtigkeit der Einführung der Wiederbelebungsmassnahmen in der Grundschule beinhaltet [3].

Und in der Schweiz?

Auf lokaler oder regionaler Ebene gibt es sicher ver­einzelte Initiativen diesbezüglich, aber leider fehlt ein ­nationales Projekt, dieses scheiterte leider wiederholt am Föderalismus. Auch in dieser Beziehung war der Kanton Tessin Vorreiter mit einem Projekt, welches in den letzten sechs Jahren die Schulung von insgesamt 14 452 Schülern (14- bis 15-jährig) ermöglichte.
Die Erfahrung ist sehr positiv, und die anfänglichen Widerstände waren schnell überwunden, die Begeisterung in der Bevölkerung ist gross!
Im Grunde hat die Schulung der Schüler in den lebensrettenden Massnahmen nicht nur eine positive Wirkung auf das Überleben von Herz-Kreislauf-Patienten, sie erzeugt auch das Bewusstsein, eine zentrale Rolle im Leben der Mitmenschen einnehmen zu können.
Reanimationsmassnahmen müssen im Lehrplan integriert werden, um neben der Wissensvermittlung in ­lebensrettenden Massnahmen (BLS-AED-Kurse) unsere Jugend auch zur Solidarität zu ermutigen.
Swiss Resuscitation Council SRC
Geschäftsstelle
Wattenwylweg 21
CH-3006 Bern
info[at]resuscitation.ch
1 Resuscitate, How Your Community Can Improve Survival from Sudden Cardiac Arrest, Mickey S. Eisemberg, University of ­Washington Press; 1st edition (January 1, 2009).
2 Böttinger BW. Kids save lives – Training school children in cardiopulmonary resuscitation worldwide is now endorsed by the World Health Organisation (WHO), Resuscitation, 2015;94:A5–A7.
3 Böttinger BW. Kids Save Lives – ERC position statement on school children education in CPR. «Hands that help – Training children is training for life», Resuscitation, 2016;105:A1–A3.